Archiv Predigten

ausgewählte PredigtEN  der Ev. Kirchengemeinde Erfurt-Südost sind hier für einen Monat nach dem Erscheinen bzw nach dem jeweiligen Gottesdienst nachlesbar bzw nachhörbar

Gottesdienste zur Eröffnung der ökumenischen Friedendekade 2023

Gottesdienste zur Eröffnung der ökumenischen Friedendekade 2023

Am 12. November lädt OGP Thomas Riedel zu Gottesdiensten im

Rahmen der ökumenischen Friedensdekade 2023



ab 09:30 Uhr in die Gustav-Adolf-Kirche und
ab 11:00 Uhr in die Lukaskirche ein.

Lesen Sie hier die Lesepredigt von Landesbischof Friedrich Kramer



Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder, fühlen Sie sich sicher?
„Sicher nicht – oder?“ so ließe sich vermuten und so heißt auch das Thema unserer FriedensDekade.
Nach zwei Jahren Pandemie und fast zwei Jahren Krieg in der Ukraine sind viele unserer Sicherheiten erschüttert. Und die Art, wie der Streit darüber geführt wird, was der richtige Weg ist, wie andere Gedanken und Meinungen abgewertet und beschimpft werden, dieser laute Streit im Schwarz-weiß-Modus und in der Haltung der Selbstgerechtigkeit zerrt an den Nerven und vergiftet viele Gespräche. Gerüchte, Lügen, Halbwahrheiten, wer kann das alles noch unterscheiden? Was ist noch sicher? Nichts mehr sicher, oder? Und in alle Unsicherheit hinein ist es so bitter nötig, dass wir heute für den Frieden beten und nach Gewissheit bei Gott suchen. „Wenn sie sagen: ,Friede und Sicherheit‘, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen.“ So beginnt der Text im 1. Thessalonicherbrief, den wir gehört haben. Hatten wir nach der friedlichen Revolution und mit dem danach einsetzenden großartigen Abrüsten nicht gehofft, dass es so weitergehen könne und wir in Frieden und Sicherheit in Europa leben können? Ist es nicht großartig, dass so viele Länder miteinander seit Jahrzehnten in Frieden leben? Ist dies alles jetzt unsicher und hinfällig, weil Russland einen fürchterlichen Krieg führt und Land raubt und alle gegebenen Sicherheiten und Verträge bricht? Ist es richtig, jetzt massiv aufzurüsten und sich auf alles vorzubereiten? Werden die Waffenlieferungen einen Frieden erzwingen können oder nimmt das Morden und Sterben kein Ende? Mit dem Bild der Wehen der schwangeren Frau, die plötzlich hereinbrechen, wird zweierlei gezeigt. Zum einen hat alles seine Vorgeschichte und ist oft schon zu sehen, so wie der runder werdende Bauch anzeigt, dass ein Kind wächst. Zum zweiten zeigt das Bild, dass Verderben und Krieg, dass Unsicherheiten und Katastrophen nicht das Ende sind, sondern dass das Reich Gottes, dass der Tag Gottes unter den Schmerzen der alten Welt eine neue Welt hervorbringt. Es ist ein Hoffnungsbild, dass die messianischen Wehen, dass alle Versuchungen und Schrecken und Schmerzen in ein Neues führen. Glaube und Hoffnung bewähren sich gerade in dieser Situation. So wie alles neue menschliche Leben durch Schmerzen geboren wird, so wird auch Gottes neue Welt des Friedens und der Gerechtigkeit durch Schmerzen hindurchbrechen, wie wir es im Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi vor Augen haben. Von diesem Ende her denken und nicht in der Gegenwart verzweifeln, wie unsicher und schrecklich sie auch ist. Heute sind wir mit Tausenden verbunden im Gebet für den Frieden. Wir sollen als Kinder des Lichtes nüchtern und wachsam sein und in aller Finsternis und Kriegstrunkenheit vom Licht zeugen und im Licht bleiben. Werdet nicht zu Kindern der Nacht, sondern bleibt im Licht. Der Tag des Herrn, der wie ein Dieb in der Nacht kommt und plötzlich hereinbricht, wird oft in der Bibel mit kriegerischen Bildern beschrieben. Die Apokalypse wird im Krieg erlebt. Aber nicht, weil der Krieg ein Teil von Gottes Heilsplan ist, sondern weil im widergöttlichen Krieg das Böse, die Gewalt und das tausendfache Morden Überhand gewinnen. Der Krieg ist das Böse und macht alle böse. Er greift nach unseren Herzen und schlingt seine Krakenarme in unsere Gedanken und Gefühle. Nur noch Feind und Freund. Nur noch Hass und Rache, kein Ausweg. Aber der Tag des Herrn ist der Ausweg! Es ist das plötzliche Hereinbrechen der anderen Wirklichkeit, der Wirklichkeit Gottes. Und dafür beten wir heute, dass in den Wahnsinn der Kriege, in das Töten und Hassen der Geist Gottes hereinfährt – Mitleid und Sanftmut aufblühen, Schuld vergeben und Versöhnung ermöglicht wird. Das Starke, das sich als Heldentum und Siegermut im Krieg zeigt, kann nicht in diesen Frieden führen. Es ist das Sanfte und Schwache, das Aufmerksame und Wachsame, das auch im Feind den Menschen erkennt. Die Russen sind nicht unsere Feinde. Dieses Volk wird täglich belogen und verführt und wer wüsste nicht besser als wir Deutschen, wie schnell das geht und wie verhängnisvoll es für alle ist. 13 Jahre nur herrschte der Wahnsinn des Nationalsozialismus in Deutschland und hat die Welt und Deutschland in Schutt und Asche gelegt. Viel zu lange schon tobt der Krieg in der Ukraine – Tausende starben und sterben und wir in Deutschland sind inzwischen zu einem der militärischen Hauptunterstützer der Ukraine geworden. Schwere Panzer rollen und viele sind zerrissen. Vor über einem Jahr Anfang Oktober 2022 hat die Duma in Russland vier Oblaste der Ukraine zu einem Teil Russlands erklärt. Landraub und Kriegsverbrechen, Bruch des Völkerrechtes und wahnsinnige Gewalt. Wie kann hier je wieder Frieden werden? Was heißt es hier nüchtern zu bleiben? Werde ich zum Kind der Nacht, wenn ich Waffenlieferungen zustimme oder werde ich zum Kind der Nacht, wenn ich Waffen ablehne? Was dient dem Frieden und was entspricht Jesu Geist? „Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn Jesus Christus“. Hier wird eine andere Rüstung empfohlen: der Panzer des Glaubens und der Liebe und der Helm der Hoffnung. Glaube, Hoffnung und Liebe – an diesen Geistesgaben, die schützen können, wird sich zeigen, wie wir im Licht bleiben. Im Licht gibt es viele Schattierungen und Farbtöne, eine große Vielfalt. In der Nacht wird alles gleich und dunkel. Die Nacht des Krieges scheint übermächtig. Aber plötzlich bricht der Tag Gottes herein. Darum sollen wir wachsam und nüchtern sein und einander beistehen, nicht zu Kindern der Nacht zu werden, zu Kindern des Hasses und der Gewaltbefürwortung, zu Menschen, die anderen den Tod wünschen – nein das ist nicht der Weg, den wir Christen gehen können. Waffen und Krieg sind das alte Leben, das bei Gott keine Zukunft hat. Vielleicht ist es zur Verhinderung größeren Unrechts und größerer Gewalt als absolute Ausnahme nötig, aber können schwere Waffen größeres Leid verhindern? Es bleiben die vielen Fragen, wie es zum Waffenstillstand und einem gerechten Frieden kommen kann. Und keiner hat bisher eine Lösung parat. Vieles übersteigt unsere Vernunft, aber da erinnern wir uns, dass auch Gottes Friede höher ist als unsere Vernunft – er ist der Tag des Herrn – der Ausbruch des Friedensreiches mittenhinein in unsere kriegerische Welt. Wie Christus durch das Leiden in das neue Leben gegangen ist, so scheint es auch mit dem Tag des Herrn zu sein. Tagleute sollen wir sein. Leute, die der Liebe das Wort reden und nicht dem Hass, die nach Frieden schreien und dafür beten und nicht für Sieg und Kriegserfolg. Und so wollen wir es heute tun. Zu Gott flehen: Gib Frieden Herr gib Frieden! Und wir tun dies nicht allein, sondern wir stärken und trösten uns, machen uns gegenseitig Mut. Wir grenzen uns nicht aus, selbst wenn wir verschiedene Positionen haben, sondern helfen einander, Kinder des Lichtes zu sein. So heißt es in der Neuen Genfer Übersetzung: „Darum macht euch gegenseitig Mut und helft einander im Glauben weiter, wie ihr es ja auch jetzt schon tut.“ So reden und beten wir, als ob alles von uns abhängt und gleichzeitig wissen wir, „es ist doch ja kein anderer nicht, der für uns könnte streiten, denn Du unser Gott alleine“. Am Ende kann nur Gott Frieden machen. Und so rufen wir zu Gott: „Zögere nicht Herr! Wir sind bereit, wir beten und rufen zu Dir als Menschen des Lichtes und des Tages und wollen, dass Dein Tag aufleuchtet, dass Dein Tag des Friedens anbricht in unserem Leben – Dein Friedensreich komme in unseren Tagen!“ Und wenn wir unsere Herzen nicht vergiften, dann kann der Frieden in uns und in unseren Orten aufbrechen, auch wenn woanders noch Hass und Gewalt regieren. Gottes Reich ist wie ein Senfkorn – lasst uns beten und auf das Wachsen des Friedens und seines Reiches hoffen – hier und heute. Nüchtern erkennen, dass wir für die Beendigung der vielen Kriege der Welt oft nicht viel tun können und dass wir gleichzeitig im Gebet alles tun können. Lasst uns darauf vertrauen, dass Gott unser Gebet erhört. Lasst uns beschützt durch Glaube und Liebe und mit Hoffnung in unserem Sinn mutig weiter für den Frieden beten und arbeiten als Kinder des Lichtes.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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 Flyer                     Friedenszeitung